Last Updated on November 25, 2023 S F

Der Deutsche Tennis Bund auf der Suche nach sich selbst.

Wer sich für das deutsche Spitzentennis interessiert, braucht starke Nerven und einen unerschütterlichen Willen. In der vorletzten Woche kämpfte das deutsche Billie-Jean-King-Cup-Team der Damen im spanischen Sevilla um Sieg und Ansehen. Mangels Alternativen wurde eine verletzte 36-jährige Mutter als Spitzenspielerin eingeflogen, um die deutsche Tenniselite zu vertreten. Nach drei kurzen Spielen war dann durch die bekannte Bauchmuskelverletzung Schluß mit der Vorstellung und mit Lustig. Über die weiteren Auftritte deutscher Athletinnen in diesem Wettbewerb muss nicht berichtet werden. Der deutsche Teamchef kündigte vollmundig an, im nächsten Jahr wieder anzugreifen. Angesichts der Platzierung der deutschen Damen in der Weltrangliste – keine Dame ist mehr unter den Top 50, kaum eine unter den Top 200 der Weltrangliste – eine mutige Aussage.

Unerklärliche Finanznöte

Zur gleichen Zeit las ich interessante Artikel, u.a. in der FAZ, über die desolate finanzielle Situation des Deutschen Tennis Bundes, immerhin ausgestattet mit einem gewaltigen Beitragsaufkommen seiner vielen Mitglieder. Angesichts der offensichtlichen Haushaltslöcher stockte mir der Atem. Hat der Deutsche Tennis Bund wie unsere Bundesregierung kein Einnahme-, sondern ein Ausgabeproblem? Für wen oder was gibt der Deutsche Tennis Bund eigentlich Geld aus? Niemand weiß es so genau. Offensichtlich nicht für die so wichtige deutsche Turnierlandschaft: Nach über 25 Jahren wurde vor kurzem erstmals die traditionelle Deutsche Turnierveranstaltertagung vom Deutschen Tennis Bund aus wirtschaftlichen Gründen abgesagt. Keiner der Turnierveranstalter wurde vorab informiert, Absage, Ende der Ankündigung. Als Ausrichter von immerhin fünf deutschen Weltranglistenturnieren könnte ich mich wegen mangelnder Wertschätzung sicherlich beleidigt fühlen, aber dazu liebe ich den Tennissport viel zu sehr, ebenso wie meine fleißigen Kollegen.

Dietloff von Arnim (Präsident des Deutschen Tennis-Bundes – DTB), Foto: Claudio Gärtner

Interessiert der eigene Spitzensport nicht mehr?

Bei zehn Siegerehrungen, die ich mit namhaften internationalen und nationalen Spitzenspielern und Davis-Cup-Spielern durchgeführt habe, ist kein einziger Vertreter des DTB erschienen. Wurden die Spesen angesichts der Haushaltslage gestrichen? Oder hat man einfach kein Interesse am Spitzentennis auf heimischem Boden? Statt die deutschen Veranstaltungen zu stärken und zu unterstützen, halten sich die DTB-Verantwortlichen lieber bei Grand-Slam-Turnieren auf, obwohl alle deutschen Vertreter längst abgedankt haben. Ein schlechtes Zeichen für die Turniere im eigenen Land… Im letzten Jahr wurde mir vom DTB Besserung versprochen, aber nichts dergleichen ist eingetreten. Nun, ich bin ja schon ein alter Hase, aber wie müssen sich die ausrichtenden Vereine mit ihren vielen ehrenamtlichen Helfern und erst recht die deutschen Tennisprofis angesichts solcher Ignoranz fühlen? So, und nun richteten sich alle deutschen Tennisaugen am vergangenen Wochenende auf die jüngste Mitgliederversammlung des DTB in Köln.

Die Hoffnung stirbt zuletzt

Geschwächt durch die verlorene ITF-Präsidentschaftswahl und die unrühmlichen Missbrauchsvorwürfe gegen seinen inzwischen verstorbenen Vizepräsidenten trat der DTB-Präsident erneut an und scheiterte in den ersten beiden Wahlgängen. Erst als sich der einzige Mitbewerber zurückzog und unter merkwürdigen Umständen im dritten Wahlgang im Team des neuen/alten Präsidenten landete, konnte von einer Entscheidung gesprochen werden. Völlig nebensächlich bei all den Machtspielchen scheint ein Konzept, eine Strategie. Die scheint es nicht zu geben. Der DTB ist auf der Suche nach sich selbst. Nun sucht das neuerdings nur noch kontrollierende Präsidium mit u.a. vier Landesfürsten (was für ein merkwürdiges Demokratieverständnis?) einen neuerdings hauptamtlich agierenden Vorstand. Und hier meine Hoffnung, die bekanntlich zuletzt stirbt: Vielleicht rekrutiert das Präsidium engagierte und hungrige Fachleute, die einen wirklichen Neuanfang wollen und vorantreiben, Menschen mit Sachverstand und Erfahrung, die nur eines wollen: den gemeinsamen Erfolg und den bitter notwendigen Aufbruch.