Last Updated on Oktober 1, 2020 S F

Auf dem Weg in die Top 100

Redaktion: Was sind Deine mittel- u. langfristigen Ziele in Deiner Tenniskarriere?

Altmaier: Mein mittelfristiges Ziel ist es, unter die Top 100 der Welt zu kommen. Und langfristig habe ich mir schon immer das Ziel gesetzt, einen Grand Slam Titel zu gewinnen.

Redaktion: Du trainierst seit kurzer Zeit in Buenos Aires, Argentinien? Was hat das für Gründe?

Altmaier: Ich habe seit Ende August letzten Jahres mit meinem Coach Francisco Yunis angefangen. Das war auch der ausschlaggebende Grund, warum ich jetzt meine Trainingsbasis in Argentinien habe und dort mit ihm trainiere. Dort bin ich im Bereich Fitness und Physiotherapie ebenfalls gut betreut und habe das Gefühl, dass ich ein Top-Team um mich herum habe.

Redaktion: Wie sieht Dein Tagesablauf/Pensum während Deiner Trainingsphasen bzw. eines Turniers aus?

Altmaier: Ich mache dies ganz abhängig von meiner Tagesform und auch vom Verlauf des Turnieres – unter anderem spielt da auch die Match-Ansetzung eine große Rolle. Es ist sehr wichtig, dass ich mich gut einschlage und warm mache. Außerdem absolviere ich ein Programm für die Mobilität  zu Beginn des Tages. Auch die Vor- und Nachbereitung von Matches ist von großer Bedeutung. Ich würde mal sagen, dass ich circa zwei Stunden brauche (morgendliches Programm, Einschlagen, warm up kurz vor dem Match und Nachbereitung).

Redaktion: Das Profitennis beansprucht neben Eurer Fitness vor allem auch Eure mentalen Fähigkeiten. Wieviel Wert legst Du auf Mental- bzw. Entspannungstraining?

Altmaier: Mental stark zu sein, ist ein großes Thema. Ich finde zu mentaler Stärke gehören viele Aspekte, zum Beispiel der Vorsatz auf dem Platz, das Bestmögliche zu versuchen. Das hört sich immer leicht an, aber es hat viel mit mentaler Stärke zu tun. Dass man sich auch darüber im Klaren ist, sobald man den Platz betritt, bereit zu sein, auch wirklich alles zu geben. Ich könnte viel zu diesem Thema sagen, aber ich meine, mentales Training muss individuell auf den Spieler abgestimmt sein. Man muss in dem Bereich sein bester Freund sein. Ich sage immer: „Man hat noch eine andere Person, die in einem lebt – und zwar der Kopf.“

Redaktion: Im absoluten Profibereich zählt bei den Weltklassespielern ein gutes Equipment und Material. Auf was legst Du dabei Wert?

Altmaier: Ich denke gutes Equipment ist sehr wichtig. Dennoch habe ich jetzt für mich entschieden, nicht immer nach etwas Besserem zu suchen, vor allem beim Material. Viel wichtiger ist es, an sich selber zu arbeiten und sich zu verbessern. Ich würde sagen, wenn man einmal einen guten Schläger gefunden hat, sollte man so lange wie möglich dabei bleiben.

Redaktion: Viele Tennisfans fragen sich, ob Spieler jenseits der Top 100 der ATP Weltrangliste von Ihrem Sport leben können. Wie ist Deine Einschätzung?

Altmaier: Es kommt darauf an wie alt man ist und wie lange man schon auf der Tour spielt. Von meiner Seite aus würde ich sagen, dass die meisten unter den Top 250 gut leben können. Aber es gibt auch andere Spieler unter den Top 250, die sehr viel in ihr Team und ihre Gesundheit investieren, um langfristig dann Geld zu verdienen. Ich finde, dass man sein Geld gut einteilen muss, aber auch nicht an falschen Dingen wie Fitnesstrainer oder Physio sparen sollte. Ich gehe davon aus, dass die Leute unter den Top 100 der Weltrangliste auf jeden Fall sehr gutes Geld verdienen. Die Positionen 100 bis 250 können gut leben und der Rest muss wirklich teilweise Geld mitbringen.

Redaktion: Wir sind bis jetzt alle durch harte Corona Zeiten gegangen. Wie erging es Dir als Profitennisspieler in den letzten Wochen und Monaten?

Altmaier: Für mich hat die Corona-Zeit in Argentinien begonnen bis ich dann zum Glück per Notflieger zurück nach Deutschland kommen konnte. Jetzt bin ich mittlerweile knapp sieben Wochen zu Hause und davon war ich die ersten zwei in Quarantäne. Ich muss sagen, ich habe sehr viel Glück gehabt, da ich hier doch fast alles von Anfang an machen konnte. Ich durfte nach der Quarantäne direkt normal trainieren – auf dem Tennisplatz und im Fitnessbereich. Auch in meiner Freizeit  habe ich viel unternehmen können – vor allem mit meiner Familie. Das war sehr schön.

Redaktion: Viele Experten meinen, die Zeiten nach Corona werden nie wieder wie vorher.  Denkst Du auch die Profi Tennistour wird sich verändern müssen?

Altmaier: Dies ist ein sehr komplexes Thema. Ich sehe Tennis als eine sehr attraktive Sportart an, doch es muss sich einiges an der Vermarktung ändern. Als ich mit Tennis angefangen habe, wollte ich nebenher nur Live-Tennis schauen. Das Problem heute ist, dass sich zu wenig junge Leute Tennis live anschauen. Die sind lieber online unterwegs… Unser Sport bringt nur die Emotionen rüber, wenn man Tennis auf dem Platz unmittelbar wirklich erleben kann. Ich denke, dass man Tennis-Turniere attraktiver machen sollte (z.B. Beispiel mit Musikkonzerten oder Partys), um jüngere Leute anzuziehen.

Redaktion: Wie siehst Du die 
Situation des deutschen Spitzentennis in der Welt. Viele Experten machen sich Sorgen, wenn die Kohlschreiber-Generation in Frührente geht. Kommen genügend Talente nach?

Altmaier: In Deutschland gibt es aktuell einige gute Spieler. Doch unsere jüngere Generation muss einfach mit Ergebnissen nachziehen, damit das deutsche Tennis weiterhin weltweit vorne mitspielt. Um ehrlich zu sein, mache ich mir da weniger Sorgen, es ist nur eine Frage der Zeit.

Steckbrief Daniel Altmaier

Geboren: 12.09.1998

Wo: Kempen

Tennis angefangen: mit sieben Jahren

Größter Erfolg: Viertelfinale ATP Antalya 2017, Roland Garros 2020

Career High: ATP 186 vor Paris

Vorbilder: Stan Wawrinka, 
Roger Federer

Hobbies: Angeln

Ausrüster: Yonex